Von Frühlingsgefühlen, Valentinstagen und heißen Typen

Inhalt

Die Anthologie enthält die folgenden Kurzgeschichten:

 

1. Schwarze Rose – Sissi Kaipurgay

2. Biikebrennen oder Die Geschichte des alten Tagebuchs – Neela Faye

3. Valentins Tag – Mia Grieg

4.  Wenn der Funke zündet … - France Carol

5. Nicht einmal ein Händedruck - Bernd Schroeder

6. Sackgasse – Man Ri

7. When Winter Meets Spring - Angie Snow

8. Immer wieder freitags– Sissi Kaipurgay

9. Ansichtssache – Sitala Helki

10. Der letzte Muffin - Karo Stein

11. Ein ganzer Kerl zum Valentinstag! – Kathi Seefeld

12. Nur ein Kuss – Christina McKay

13. Mein neues Ich - Elana Rain

14.  Eine Dosis Frühlingsluft - Savannah Lichtenwald

15. Neues Jahr – endlich Glück? - Phil Gut

16.Vorsatz mit Vergangenheit - Blake Heartland


Leseprobe »Ansichtssache«

Frank beschließt, dass der Jahreswechsel der perfekte Zeitpunkt ist, sich endlich von seiner unerwiderten Liebe zu lösen und Neuem gegenüber zu öffnen. Nur, dass es so schnell geht, hätte er auch nicht erwartet.

»Was soll denn der Quatsch?«

Olaf verdrehte die Augen. Der vernichtende Seitenblick, den ich ihm zur Antwort zuwarf, ließ ihn nur müde lächeln.

»Nur weil du es nie schaffst, deine Vorsätze einzuhalten, heißt das noch lange nicht, dass alle anderen das auch nicht schaffen!«, blaffte ich ihn an.

»Das habe ich nicht behauptet! Aber normale Menschen nehmen sich Dinge vor, wie ›fünf Kilo abnehmen‹ oder ›täglich zwei Portionen Obst und Gemüse essen‹. Realistische Dinge eben, die dir nebenbei bemerkt auch gut täten, aber nicht ...« Er wedelte mit der Hand in die Richtung meines Zettels, auf dem ich gerade meine Vorsätze notierte. Eigentlich stand erst ein Einziger darauf:

›Mit der Liebe meines Lebens glücklich werden.‹

»Frank ...« Seufzend setzte sich mein bis dato bester Freund neben mich auf mein Bett. »Das ist doch aber nichts, was man selbst beeinflussen kann. Mal davon abgesehen, dass dein Herz bereits vergeben ist.«

Seinem Arm, den er gerade um mich legen wollte, wich ich aus und warf ihm einen mahnenden Blick zu.

»Deshalb ja der Vorsatz. Die Liebe meines Lebens kann ja nur jemand sein, der mich ebenfalls liebt. Da Pascal nichts für mich empfindet, ist er es nicht. Punkt.«

Olaf schüttelte den Kopf. »Du hast echt ’nen Knall!«

»Ist mir egal, was du denkst. Ich habe, seitdem ich zwölf bin, jedes Jahr Vorsätze gefasst für das neue Jahr und ich habe bisher alle eingehalten. Also wird es hier auch nicht anders sein!«

»Wie auch immer! Bist du bald fertig? Ich würde gerne vor dem Jahreswechsel auf der Party erscheinen.«

Olaf übertrieb wie üblich. Es war noch nicht einmal acht Uhr.

»Gleich ...«

 

~*~*~

 

Die Party war, wie Partys eben so waren: laut, alkoholgeschwängert, voll von nervigen Leuten und ging viel zu lang. Nur konnte ich bei einer Silvesterparty wohl kaum schon eine Stunde vor Mitternacht verschwinden, zumal Olaf mich fest im Auge behielt. Der kannte leider meine Angewohnheit, mich klammheimlich davonzumachen.

Warum ließ ich mich nur immer wieder mitschleifen? Ach ja. Olaf hatte mich überredet und der Gedanke, Pascal den ganzen Abend zu sehen, war anfangs verlockend gewesen.

 

Ich erinnere mich noch an diese Party vor ein paar Monaten, zu der ich nur mitgegangen war, weil Olaf sich das dreisterweise zum Geburtstag gewünscht hatte.

Ich glaube, die Zeit kroch noch nie so langsam. Schade, dass ich Informatik und nicht Physik studierte. Wäre sicher ein interessantes Forschungsthema gewesen: ›Der Grad des Verhaltens sinnlos besoffener und grölender Studenten in Relation zur Zeitwahrnehmung des Beobachters‹.

Hm, die Idee hätte mir damals schon kommen sollen. Dann hätte ich wenigstens ein wenig Spaß gehabt.

Ich schätze, ihr versteht: Ich bin nicht der Typ, der ständig feiern und saufen geht.

 

Auf jeden Fall war auf besagter Party damals auch Pascal. Ich dachte echt, mich haut es um, als ich ihn das erste Mal sah: groß, schlank, sportlich, die Haare einen Tick unordentlich und ein Lächeln, das er besser wegsperrte, wenn er nicht verklagt werden wollte, weil er so sicher das Schmelzen der Polkappen verursachte.

Normalerweise war ich nicht so ... romantisch, aber der Kerl hatte mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ein Blick in diese Augen genügte und mein Herz flatterte so stark, dass ich zu schweben begann.

Doch Pascal beachtete mich kaum.

Niemand beachtete mich. Ich war nicht der Typ, der sich stylish kleidete. Die nicht mehr wirklich gut sitzende Jeans und den grauen Pullover, der vor Urzeiten einmal schwarz gewesen war, empfand ich als durchaus ausreichend. Schließlich war ich kein Model.

 

Seufzend kippte ich die Cola in mich hinein und sah erneut auf die Uhr. Ob die Zeit heute irgendwann rückwärts zu laufen beginnen würde?

Seit damals bin ich zumindest häufiger auf Partys mitgegangen, wenn die Aussicht bestand, dass auch Pascal dort auftauchte. Die ganze Woche über habe ich dann schon auf das Wochenende hingefiebert, konnte kaum noch etwas essen. Das war jetzt nicht sonderlich schlimm, denn das eine oder andere Kilo zu viel konnte ich tatsächlich vorweisen. Da hatte Olaf vorhin durchaus recht. Früher war ich schlank gewesen, aber seitdem ich mit dem Studium angefangen habe, war es vorbei mit Sport und meine Ernährung ... nun, Fertigpizza und Ähnliches waren praktisch und so schön schnell zubereitet.

Außer einem knappen »Hallo« oder vielleicht auch mal einem Lächeln kam nie viel von Pascal. Doch vor ein paar Wochen lud er mich tatsächlich auf diese Party hier ein. Ich dachte, ich müsste im nächsten Moment an Herzversagen sterben und konnte nur debil grinsend nicken.

Für eine kurze Zeit war ich der irrigen Annahme, ihm einen Schritt nähergekommen zu sein, doch außer, dass ich mich reichlich dämlich in seiner Nähe benahm, tat sich nichts.

Ich war schon von Haus aus nicht der Kommunikativste. Small Talk lag mir nicht. Das bedeutete, dass ich entweder über Dinge redete, über die ich Bescheid wusste und damit so ziemlich jeden langweilte oder dass ich meist gar nicht sprach, damit eben genau das nicht passierte. Wenn ich es dann doch versuchte, kam häufig nur verquerer Blödsinn bei raus, wie beispielsweise meine Erläuterung über die Schuhgrößenverteilung in meiner Familie. Fragt nicht ...

Außerdem wurde ich, bedingt durch meine Nervosität, regelrecht tollpatschig, stolperte ständig, übergoss Pascal mit meinem Bier oder ließ irgendetwas fallen. Ganz blöde Kombination. Kein Wunder, dass die meisten davon abgeschreckt wurden.

 

Tja, und jetzt befand ich mich auf Pascals Silvesterparty, saß in der Ecke und tippte lustlos auf meinem Smartphone herum, während ich ungeduldig wartete, dass endlich das neue Jahr anbrach und ich mich verkrümeln konnte.

»Hey!« Jemand stellte sich vor mich hin, doch ich schaute nicht auf. Olaf war es nicht. Das erkannte ich an der Hose.

»Frank, oder?«

Okay, jetzt konnte ich den Typ wohl nicht mehr ignorieren. Betont genervt sah ich auf und stockte im nächsten Augenblick. Wow! Der sah ja mal nicht schlecht aus. Moment! Dieses Lächeln kannte ich doch!

»Woher ...?« Dann fiel es mir ein und ich lachte automatisch los.

»Du bist doch der, der mir letztens auf der Party sturzbesoffen auf diesem versifften Klo einen blasen wollte!«

Der Typ wurde schlagartig rot und lächelte verlegen. »Ähm ... oh ... du erinnerst dich?«

Wie könnte ich nicht? War ja nicht so, dass mir das ständig passierte.

Seufzend setzte er sich auf den Sessel neben mich. So zusammengesunken wirkte er ein wenig wie der sprichwörtliche begossene Pudel.

»Entschuldige«, nuschelte er. Ich steckte mein Handy weg und winkte ab. »Schon okay. Ich hab es als Kompliment genommen.«

Meine Güte! Seit wann war ich so gesprächig? Und das ganz ohne Stottern oder blödsinniges Gefasel.

Am anderen Ende des Raumes hielt Olaf seine Bierflasche hoch und nickte mir anerkennend zu. Ja, da staunst du, was?

»Ja, ähm, das sollte es auch sein«, erklärte der Kerl leise und lächelte erneut zaghaft. »Eigentlich war das anders geplant gewesen. Aber ich hatte mir wohl ein wenig zu viel Mut angetrunken. Na ja ...« Er zuckte mit den Schultern. »Da bin ich dann wohl über das Ziel hinaus geschossen.«

Wofür musste der sich denn bitte schön Mut antrinken? Der brauchte doch nur schnipsen, damit ihm die Kerle hechelnd folgten.

Ich setzte meinen Becher an und merkte zu spät, dass ich meine Cola bereits ausgetrunken hatte.

»Oh, darf ich dir etwas Neues bringen?« Ohne auf meine Antwort zu warten, sprang er auf und lief zum anderen Ende des Raumes, wo die Getränke lagerten.

Okay, die Rückansicht stand dem Rest in nichts nach - ganz im Gegenteil. Meine Güte, war der Hintern knackig! Nicht so wie bei mir.

Schnell setzte ich mich aufrecht hin. Oje! Hatte ich tatsächlich eben so im Sessel versunken gesessen? So, dass man auch ja die unvorteilhaften Bereiche meiner Figur begutachten konnte? Gut, der ausgeleierte Pulli verbarg die größten Fettrollen ein wenig. Fragte sich nur, was schlimmer war.


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